Sonntag, 25. März 2018

Karlsruhe als Endstation?

Gnadenbrot für Intendant Spuhler?
Das Badische Staatstheater hat seit der Amtsübernahme durch Intendant Peter Spuhler an Attraktivität verloren, man hat Unruhe im Haus, einiges klemmt und hakt, reibungslos ist anders, Kapriolen, Qualitätsprobleme, mangelnde Offenheit und Transparenz sowie eine selbstverliebte Beweihräucherung einer Intendanz, die doch vor allem defizitär war: es mangelte ihr an liebevoller Begeisterung, an Sinn für Ästhetik, Humor und Freude. Stattdessen gefiel man sich in der heuchlerischen Pose des Oberlehrers, der mit erhobenem Zeigefinger Antworten diktiert. Stammzuschauer verloren die emotionale Bindung an ihr Haus, ein Dahinsiechen der Karlsruher Oper angesichts liebloser Planungen und verringerter Vielfalt. Kaum je zuvor dürfte man in so kurzer Zeit so viele Personalwechsel an entscheidenden Stellen des Badischen Staatstheater erlebt haben. "Karlsruhe ist keine Endstation", "Von Karlsruhe aus macht man Karrierre", so verlautbarte es erklärend aus dem Staatstheater und scheint damit u.a. Mannheim zu meinen, das sich als attraktivere Alternative gerne in Karlsruhe bedient und zwei Spartenleiter abgeworben hat. Nur für einen droht Karlsruhe Endstation zu werden: Intendant Spuhler, der das Theater als Sprungbrett nutzen und schon längst wieder weg sein wollte, wurde bisher wohl für zu leicht befunden. Er findet allem Anschein nach keine neue Anstellung.

Dienstag, 20. März 2018

Generalintendant Spuhler hat zukünftig vier neue Frauen unter seiner Führung

Das Badische Staatstheater hat zu viele weibliche Zuschauer, laut der Zuschauerumfrage (mehr hier) sind über 60% Frauen, weniger als 40% Männer. Für Intendant Spuhler scheint es eine drängende Frage, was man gegen ein diskriminierendes Programm machen kann. Seine Antwort für mehr Geschlechtergerechtigkeit scheint zu lauten: Theater muß für Männer wieder sexy, attraktiv und prickelnd werden. Mehr junge Frauen in Führungspositionen könnten wirken. Da der Intendant trotz vieler Probleme nicht frühzeitig gehen will, um dem ersten weiblichen Generalintendanten Platz zu machen (schade, es wäre höchste Zeit!), werden nun vorerst alle Direktorenposten entsprechend neu besetzt. Anna Bergmann wird bekanntermaßen neuer Schauspieldirektor. Neuer Casting-Direktor der Oper wird Nicole Braunger. Birgit Keil zieht sich 2019 von ihrem Posten zurück, ihre Nachfolge wird ab der Spielzeit 2019/20 die renommierte Bridget Breiner antreten. Was weiß man über die neuen Namen?

Sonntag, 18. März 2018

Hair (Musical), 17.03.2018

Der Siegeszug des westlichen Lebensstils
Die 1968er suchten einen Ausweg auf ihrer Sinn- und Lebenskrise und entdeckten ihn u.a. in einer neuen avantgardistischen, aber kurzlebigen Lebensform (den Hippies), die langfristige Folgen in verschiedensten Lebensbereichen zeigte. Rückblickend ist die Ironie unübersehbar: die Hippies kamen an, aber nicht dort, wohin sie wollten. Anspruch und Realität sind wenig kongruent. Das Musical Hair steht am Beginn sowohl des Siegeszugs des westlichen, libertären Lebensstils als auch liberaler Wirtschaftsformen. Die Abnabelung von fremden Erwartungshaltungen und Moralvorstellungen, die Befreiung vom Militärdienst und die alleinige Verantwortung für sich selbst, prägten damals das sich selbst in den Mittelpunkt stellende westliche Individuum, das nicht Untertan eines politischen Staatswohls sein wollte. Seine eigene Individualität auszuleben und gesellschaftlichen Zwängen gegenüber ablehnend zu sein, war der Schlüssel zu neuen kommerziellem Möglichkeiten. Der Erfolg des Protests war dort anhaltend, wo das Politische mit dem Hedonistischen verknüpft war, das Hedonistische siegte durch den Kommerz. Die Bedeutung der Hippies erkannten die marktwirtschaftlichen westlichen Demokratien, nicht die östlichen sozialistischen Diktaturen.
50 Jahre 1968 - das Badische Staatstheater feiert nun mit, doch ohne realistischen, kritischen oder sogar politisch hinterfragenden Rückblick auf das, was 1968 war, sondern in Form einer unterhaltsamen Nostalgie, bei der das zugrundeliegende Drama entschärft und die Albernheit der Hippies betont wird und man sie als quasi Außerirdische aus einem schrägen Universum in einem UFO auf der Bühne landen läßt. Daß das Publikum begeistert war, hatte einen einfachen Grund: musikalisch war die Premiere mitreißend, die Spielfreude aller Beteiligten ansteckend.

Oper Frankfurt: Meyerbeer - L'Africaine (Vasco da Gama), 16.03.2018

Grand opéra - wortwörtlich
Fast fünf Stunden Aufführungsdauer (inkl. zweier Pausen) - eine geglückte Grand Opéra in fünf Akten ist immer auch Überwältigung durch schiere Masse und effektgeladene Theatralik: Epische Längen und dramatische Zuspitzungen, Spektakuläres neben Intimen, große Tableaus neben Seelenbildern. Meyerbeers Musik galt einst bei seinen Gegnern als "Schaubudenlärm", seine Opern als "Jahrmarktsfarce", "wie ein Varietéprogramm zusammengesetzt aus Effekt auf Effekt" und "lüstern nach Sensation". Diesen "modernen Gerippe" warf man einst vor, daß es ihnen an Substanz und Innenleben fehlen würde. Regisseur Tobias Kratzer und Kostüm- und Bühnenbildner Rainer Sellmaier bringen nach Les Huguenots in Nürnberg und Le Prophète in Karlsruhe ihre dritte Meyerbeer-Oper auf die Bühne. Sie greifen in Frankfurt die Thesen zu Meyerbeers Opern auf und führen sie einer neuen Synthese zu. Kann das, was man einst den Opern von Meyerbeer vorwarf, heute ein Grund für ihren erneuten Erfolg sein? Ist das, was einst den Erfolg Meyerbeers beim Publikum ausmachte, für heutige Opernbesucher wiederbelebbar? Damals wünschte sich das Publikum offensichtlich historische Ereignisse und große Schicksale, aufwändig ausgestattet mit reicher Dekoration; heutzutage sind alternative Welten in Mode, ob nun in archaisierender Epoche (wie in "Game of Thrones"), dem Superhelden-Kosmos oder -wie in diesem Fall- als Science Fiction. Kratzer wollte die Oper als "intelligenten Blockbuster". In Frankfurt spielt Vasco da Gama im Weltraum, unendliche Weiten. Der Abenteurer und Entdecker Vasco da Gama ist unterwegs, um fremde Sonnensysteme zu erobern. Viele Lichtjahre von der Erde entfernt dringt er in Galaxien vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat. Die Afrikanerin, die tatsächlich eine Inderin ist, ist eine Außerirdische, in diesem Fall blaugefärbt wie eine Figur aus James Cameron's Hollywoodfilm "Avatar - Aufbruch nach Pandora".

Sonntag, 11. März 2018

Verdi - Simon Boccanegra, 10.03.2018

Mit Simon Boccanegra (mehr hier zur Premiere) hat man am Badischen Staatstheater eine schöne Produktion vorzuweisen, die auch gestern grandios gesungen und hingebungsvoll musiziert das Publikum beglückte.

Freitag, 9. März 2018

Das Badische Staatstheater verliert Stammbesucher

Die ernüchternden Ergebnisse der Besucherumfrage liegen vor
Die Intendanz von Peter Spuhler neigt sich dem Ende zu. Länger als 10 Jahre sollte kein Intendant im Amt bleiben, dann (also ab 2021) ist wieder frischer Wind erforderlich, allem Anfang liegt ein Zauber inne, neue Impulse machen Theater spannend, alles andere ist Stagnation und Gnadenbrot. Auch die Unzufriedenheit innerhalb des Badischen Staatstheater mit dem Intendanten scheint weiterhin hoch, man hört von einem Führungsstil von oben herab und intransparenten Entscheidungsfindungen. Der Bericht zur Mediation, die nach der Krise zwischen Intendant und dem protestierenden Personal eingeleitet wurde, soll weiterhin unter Verschluß sein. Die Intendanz von Peter Spuhler scheint nach dessen Abgang in verschiedener Hinsicht dringend eine Aufarbeitung zu benötigen.
Zeit für eine weitere Bilanz. Das Badische Staatstheater hat über fünf Jahre (2011, 2012, 2014 und 2016, jeweils im Juni/Juli und 2011 auch im Herbst) die Entwicklung seines Publikums untersucht. In den fünf Erhebungen haben ca. 5.400 Besucher Fragebögen ausgefüllt zurückgegeben (2011/12 hat man ca. 2500 Besucher befragt, 2014 und 2015 je ca. 1.450). Ein wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kultur- und Medienmanagement der FU Berlin hat versucht, das Ergebnis zu interpretieren. Die Studie wertet allerdings lediglich die Umfragebögen aus, ein Abgleich mit den Erkenntnissen aus dem tatsächlichen Kartenverkauf findet nicht statt. Die gezogenen Schlußfolgerungen scheinen nicht durchgängig valide und die Interpretation nur mit großer Vorsicht zu genießen. Die vorgestellte Studie ist ernüchternd für den Intendanten, als Handlungsbedarf kann man die Forderung eines Richtungswechsels erkennen. Ein Blick auf die Ergebnisse und ihre Aussagekraft:

Dienstag, 6. März 2018

5. Symphoniekonzert, 05.03.2018

Walton, Britten und Elgar - ein englisches Konzert und hörbar eine Herzensangelegenheit für GMD Justin Brown.

Samstag, 3. März 2018

Konzert mit Franco Fagioli, 02.03.2018

Virtuose Sternstunde
Das Schöne an barocken Opernarien ist u.a., daß bei ihnen die Zeit still steht; die Handlung, die passiert davor und danach in den Rezitativen, doch in den Arien spricht das Herz. Wie das klingt und wie das gelingt, das demonstrierte gestern Franco Fagioli in einem zum Niederknien schönen Konzert, bei dem man nur erhoben applaudieren konnte und so gab es wiederholt stehende Ovationen für den Argentinier. Seit 2006 (als Idelberto in Lotario) ist Franco Fagioli den Karlsruher Händel-Festspielen verbunden, er sang am Badischen Staatstheater neben diversen Konzerten die Titelpartien in Julius Cäsar (2008), Ariodante (2010 und 2011) und Riccardo Primo (2014 und 2015), 2019 wird Serse folgen, Max E. Cencic führt dann Regie und singt ebenfalls. Desweiteren wird Fagioli im Juli 2018 als Cecilio in Mozarts Lucio Silla in der Badischen Residenzstadt auftreten (eine Übernahme einer Koproduktion aus dem Brüsseler Théâtre Royal de la Monnaie, bei der Tobias Kratzer Regie führte). Publikum und Countertenor kennen sich - und das war auch gestern zu spüren. Eine herzlich-begeisterte Stimmung herrschte vor, eine greif- und hörbare Freude im vollen Opernhaus und ein typisches Fagioli-Konzert, das meisterhaft Stimmartistik und Ausdruck, Spektakel und Hingabe verband.

Donnerstag, 1. März 2018