Sonntag, 3. Juli 2016

Bellini - I Capuleti et i Montecchi, 02.07.2016

Zwei renommierte Gäste aus Alaska und Texas hatte man gestern für Bellini engagiert: mit Vivica Genaux und Laura Claycomb konnte man am Samstag im Badischen Staatstheater großen und prägenden Stimmen lauschen.
           
Die in Alaska aufgewachsene Mezzosopranistin Vivica Genaux kommt vom Belcanto, wurde aber berühmt durch ihre Barock-Koloraturen - ihre umfangreiche Diskographie spricht Bände. Für Genauxs  Förderer René Jacobs ist die Belcanto-Technik die beste Vorbereitung für Barockgesang. Marilyn Horne hat bereits beides gesungen, die Barock-Spezialistin Cecilia Bartoli (deren Stimme höher liegt als die Genauxs) hat mit Bellinis Norma und mit Rossini ihr Repertoire erweitert. Genaux hat den Romeo in Bellinis Oper 2014 auf CD eingespielt, der Dirigent der Aufnahme ist wiederum ein Barock-Experte: Fabio Bondi leitet sein Originalklang-Ensemble Europa Galante. In Karlsruhe zeigte Genaux verschiedene Facetten, zu Beginn klang "Se Romeo t’uccise un figlio" überbetont, mit einem verstellt wirkenden Timbre, das die Verstellung des verkleideten Romeo anzudeuten scheint, mit der folgenden Kabaletta "La tremenda ultrice spada’, den Duetten und vor allem mit der morbiden Kavatine "Deh! tu bell’anima" erreichte Genaux außergewöhnliche Momente mit einer Bandbreite souveränen Ausdrucks.

Für die in Texas geborene Laura Claycomb begann die internationale Karriere vor über 20 Jahren am Grand Théâtre de Genève, wo sie noch sehr jung die Giulietta in Bellinis I Capuleti e i Montecchi sang und diese Rolle danach noch an weiteren Opern darstellen konnte. Ihre Vielseitigkeit hat sie eindrucksvoll bewiesen: über 75 Rollen von Monteverdi bis Messiaen soll sie schon erarbeitet und gesungen haben. Ihr lyrischer Koloratursopran erklang gestern leuchtend und farbig mit wunderbarer Höhe, (bestimmt auch eine interessante Kandidatin für die Titelrolle in Lucia di Lammermoor), ein Auftritt der Appetit auf mehr machte: ihre stimmtechnischen Fähigkeiten waren Garant für abwechslungsreiches Hörvergnügen. jede Arie war buchstäblich etwas Besonderes.

Eleazar Rodriguez fühlt sich als Tebaldo hörbar wohl, das Duett mit Romeo "Stolto! ad un sol mio grido" war gestern ein spannendes Highlight. Konstantin Gorny gibt der Rolle des Capellio Strenge und Unerbittlichkeit, stimmlich hielt er, was die fehlbesetzte Premiere nicht erfüllen konnte.Yang Xu hat als Lorenzo ebenfalls einen starken Auftritt. Dirigent Daniele Squeo und die Badische Staatskapelle sind in den vier Wochen seit der gelungenen Premiere noch besser geworden.

Schade, daß parallel zur Vorstellung die erste Halbzeit des Viertelfinale der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich lief. Wenn nicht Deutschland gegen Italien gespielt hätte, wären bestimmt mehr Zuschauer zu diesem hochkarätig besetzten deutsch-italienischen Opernabend gekommen. Als der Dirigent den Taktstock weglegte und die Partitur schloß, stand es noch Null zu Null. Der deutsche Fußballsieg erfolgte erst später, nachdem der Sieg im Opernhaus des Badischen Staatstheaters feststand. Viel Applaus und Bravos für Sänger und Musiker waren hochverdient.